alma mundi AKADEMIE

Churingas – Die heilige Landschaft der Aborigines

20. Mai 2020

Die Aborigines Australiens waren und sind noch eingebettet in ein altes magisches System, welches früher auch bei uns beheimatet war, aber schon lange in Vergessenheit geraten ist. 
Die Landschaften – Hügel, Seen, Felsen, Pflanzen und Wasserläufe – wurden laut den Aborigines von den Urwesen der „Traumzeit“ geformt. Diese Traumzeit ist eine ausgedehnte unendlichen Zeit, die unserer vorausging und eine Dimension bildet, die weiterhin besteht, aber in der Regel außerhalb unserer Wahrnehmung existiert.

Die Jahreszeiten werden gesehen als riesige göttliche Wesen, die das Land durchziehen und an bestimmten besonderen Orten Rast machen. Um die Reise dieser Wesen zu sichern und nicht zu behindern, werden Jahreszeitenfeste gefeiert. Dafür werden u.a. Churingas (oder auch: Tjuringa) auf Felsen und Steine geritzt, ähnlich wie die Schalensteine, welche bei uns und anderswo auf der Welt zu finden sind. In den Churingas wurden die heiligen Orte markiert, sowie die sakralen Wege dorthin.

Zudem wurden Churingas von Magiern als Instrument der Divination benutzt. Sie versenkten sich in Trance in die Muster der Linien und Kreise, um Botschaften aus der Traumzeit zu erhalten oder um zu den markierten Orten seelisch zu reisen. So erlangten sie Erkenntnisse über z.B. hereinbrechende Gefahren, Wetterumschwünge oder die Ankunft von Fremden.

Jedes Churinga hat seine eigene Legende, seinen eigenen Gesang und seinen ganz persönlichen Ritus, welche mündlich an nur wenige Eingeweihte weiter gegeben werden. Lange Zeit galten die Churingas als die heiligsten Relikte. Daher wurden ihre Standorte geheim gehalten. Nicht Eingeweihte durften diese Gegenstände nur aus der Ferne betrachten. Die energetische Kraft, die von den Kultgegenständen ausgeht, gilt als zu groß. Neben einer heilenden Wirkung, magischen Kräften und Verbindung zu den Ahnen, trägt ein Churinga auch die Schicksalskräfte eines ganzen Clans in sich. So wurden über die Jahrhunderte die Churingas der heiligen Orte auch immer mehr zu persönlichen Totems, welche die Eingeweihten nach langwieriger Schulung aus Stein oder Holz selbst herstellten.

Auffällig bei vielen uns bekannten Churingas sind die archetypischen Formen von Wellen, Kreise, Spiralen, Linien, Trichter und Punkte. Oftmals sehen wir Ausstrahlungen, welche die heiligen Orte und ihr sie umgebendes Feld markieren. Verbindungslinien zeigen die „Wege“ zu ihnen oder auch die Beziehungen der Orte untereinander an.

– Pascal Zielke